Rückblick auf das erste Jahr Amarigo-WGs

Amarigo blickt auf ein ereignisreiches Jahr der Pflege in den Wohngemeinschaften an der Wilhelmstraße zurück

Ein Jahr ist es nun her, dass die Wohngemeinschaften an der Wilhelmstraße 10 in Waltrop eröffnet wurden. Mit den Familien der ersten Bewohner, Nachbarn, der Bürgermeisterin, Medienvertretern, Mitarbeitern und vielen Besuchern wurde seinerzeit die Eröffnung gefeiert. Ein guter Anlass um zurück zu schauen. Was konnte von den Zielen des Projektes bereits realisiert werden?

Margarete Decher, Krankenschwester und Pflegewissenschaftlerin, ist als Geschäftsleitung für die Angehörigenberatung und Organisation des Pflegedienstes zuständig:
„Wir konnten uns bereits im März 2017 vor Anfragen kaum retten. Bereits nach zwei Monaten waren die beiden Demenz-WGs voll und wir müssen seither leider immer wieder Angehörige abweisen, die dringend eine gute Alternative für ihr demenzbetroffenes Familienmitglied suchen.“

In der Wohngemeinschaft für Menschen mit künstlicher Beatmung hat es etwas länger gedauert, da musste sich das Angebot von Amarigo erst bei den Krankenhäusern und Ärzten herumsprechen, so dass der letzte der sechs WG-Plätze erst im November vergeben werden konnte.

„Das hatte auf der anderen Seite den Vorteil, dass wir Schritt für Schritt ein Team mit geeignetem Pflegefachpersonal aufbauen konnten. Nicht jeder ist für diese Tätigkeit geeignet. Um in einer Amarigo-Wohngemeinschaft arbeiten zu können, braucht es ein großes Maß an Lernbereitschaft und Engagement, um unsere hohen Qualitätsanforderungen erfüllen zu können, gleichzeitig aber auch Geduld und Einfühlungsvermögen, denn man baut hier eine enge menschliche Beziehung zu den Klienten auf“

Qualität gibt es natürlich nicht zum Nulltarif. Bei Amarigo wurde von Anfang an in die personelle und fachliche Ausstattung der Teams investiert. Der Pflegedienst war angetreten, um nicht nur wohlklingende Leitbilder zu verkünden, sondern diese auch zu leben. So stehen für die pflegerische Betreuung in den Demenz-WGs im Früh- und Spätdienst jeweils zwei Mitarbeiter zur Verfügung und auch nachts ist in jeder der Demenz-WGs ein Teammitglied präsent.

Jörg Burbaum, Krankenpfleger und Pflegewissenschaftler bei Amarigo, ist für die Entwicklung und Umsetzung dieses zukunftsweisenden Konzeptes zuständig:
Die Anzahl der anwesenden Bezugspersonen ist für Menschen mit Demenz sehr entscheidend, aber darüber hinaus ist es die Fähigkeit jedes Einzelnen, mit dem Betroffenen in eine gelingende Begegnung zu kommen. Ich war an der Entwicklung des neuen Nationalen Expertenstandards „Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz“ beim DNQP (Hochschule Osnabrück) beteiligt. Dieser zielt darauf ab, dass Menschen mit Demenz sich gehört verstanden und angenommen fühlen sowie mit anderen verbunden. Daran arbeiten wir hier jeden Tag.

Izabella Knapik, Pflegedienstleitung bei Amarigo, beschreibt die Maßnahmen, die seit April eingeleitet wurden, um dieses Niveau der Versorgung zu erreichen:
„Wir haben über 20 Mitarbeiter in einer 44-stündigen Demenzschulung für ihre Aufgabe fortgebildet. Dazu gehören Themen wie Kommunikation, Erhalt der Identität, Wahrnehmungs- und Bewegungsförderung, empathisch-wertschätzende Beziehungsgestaltung, Alltagsgestaltung, Krankheitsbilder und wie damit umzugehen ist und vieles mehr.
Zudem absolvieren derzeit 16 Mitarbeiter einen Grundkurs „Kinästhetik in der Pflege“, in dem sie auch für die Arbeit mit unseren Schwerpflegebedürftigen und Intensivpatienten wichtiges Handwerkszeug erhalten. Regelmäßig finden Teamgespräche, Fallbesprechungen und Praxistrainings in der WG statt. Hinzu kommen Fortbildungen zu medizinisch-pflegerischen Themen, zu allen Expertenstandards, zur Dokumentation und vielem mehr.“

Die Ergebnisse können sich sehen lassen:
Die Senioren in den Amarigo-WGs benötigen zunächst oft einige Zeit, um sich an ihr neues Lebensumfeld zu gewöhnen, doch aufgrund des förderlichen und vertrauten Milieus sind viele sehr positive Entwicklungen möglich, wie Jörg Burbaum weiter berichtet:
„Die Damen können sich natürlich hervorragend in der Küche ausleben und auch diejenigen, die anfangs meinten, sie hätten in ihrem Leben genug gearbeitet, bringen sich mittlerweile täglich mit ein, indem sie z. B. ein paar Kartoffeln schälen, Tipps zum Abschmecken der Soße geben oder einfach nur fröhlich dabeisitzen. Die Herren gucken zusammen Fußball, werkeln ein wenig oder kommentieren das geschäftige Treiben der Damen. Im Sommer haben einige der Männer viel Freude am Garten entwickelt und entweder selbst mal eine Bahn Rasen gemäht oder gute Tipps für die Blumenzucht gegeben. Wenn dann am Wochenende zusammen gegrillt und eine Flasche Bier aufgemacht wurde, konnte man die Demenz und die ganze Hilfebedürftigkeit mal für einen Moment vergessen – und das ist es doch, worum es geht.“

Zur Weihnachtszeit fand das Leben dann natürlich in der Stube statt. Margarete Decher erzählt von der Bedeutung des Zusammenlebens in der WG:
„Das gemeinsame Singen altbekannter Lieder stellt eine hervorragende Brücke zu den Menschen mit Demenz dar. Mit und ohne Gitarre entstehen so Momente, in denen sich die Senioren einfach mal als kompetent erleben und vielleicht in Gedanken bei geselligen Ereignissen aus früheren Jahren sind. Mit Weihnachtsplätzchen, einer gemeinsamen Bescherung mit den Angehörigen und einem Glas Sekt zum neuen Jahr ging dann unser erstes Jahr zu Ende – und wir sind alle stolz auf das, was wir für die Menschen tun konnten“

Einige wenige Bewohner sind in dieser Zeit auch schon auf ihrem letzten Weg begleitet worden. Izabella Knapik beschreibt die palliative Begleitung in der WG:
„Uns ist es wichtig, dass sich die Menschen bis zum Schluss wahrgenommen und würdevoll begleitet erleben. In der Beatmungspflege muss man natürlich immer mit plötzlichen Einbrüchen rechnen, doch auch bei hochaltrigen Menschen mit Demenz kann es manchmal sehr schnell gehen. In ethischen Fragen arbeiten wir eng mit den Angehörigen und Ärzten zusammen. Um in allen kritischen Lebensphasen gut mit den dann anstehenden Fragestellungen umgehen zu können, entwickeln wir in unserem Ethik-Komitee zur Zeit eine eigene Ethik-Leitlinie, in der auch unsere gemeinsamen Überzeugungen zu diesem Themenfeld festgelegt werden.

Amarigo ist auf einem guten Weg, um als Vorreiter einer fachkompetenten, wirtschaftlich tragfähigen und menschenwürdigen Pflege Maßstäbe für weitere Projekte in der Region zu setzen.

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